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  • AutorenbildSandra Bachler

Eine Einführung in die Positive Psychologie

Aktualisiert: 15. März 2022


Peterson (2008)[1] beschreibt das Feld der Positiven Psychologie wie folgt:

„Positive Psychology is the scientific study of what makes life most worth living.”

Die “klassische” Psychologie hat sich jahrelang mit psychischen Krankheitsbilder sowie mit der Erkennung und Therapie dieser Krankheiten beschäftigt. Das Thema Positive Psychologie wurde erstmals von Maslow erwähnt. Die Psychologieprofessoren Martin E. Seligman sowie Ed Diener sprachen sich bereits vor dem Jahr 2000 dafür aus, dass es eine Neuausrichtung in der Forschung und Anwendung der Psychologie benötigt. Als Martin E. Seligman 1998 zum Präsidenten der American Psychological Association (APA) gewählt wurde, plädierte er bei seiner Antrittsrede dafür, dass sich der Fokus der Forschung auch auf positive Aspekte des Lebens wie positive Emotionen, Optimismus, Freude, positive Gemeinschaft etc. legen sollte. Er kritisierte, dass sich die Forschung zu lange zu einseitig mit leidenden bzw. kranken Menschen beschäftigt hatte, es jedoch keine Forschung dazu gab, welche Dinge einen Menschen psychisch gesund halten. Alle Ansätze und Forschungen in diesem Bereich (z.B. der Flow-Effekt von Mihályi Csíkszentmihályi) werden unter der Bezeichnung „Positive Psychologie“ zusammengefasst, in Ergänzung zur klassischen klinischen Psychologie.


Zur besseren Verständlichkeit des Verhältnisses der „klassischen“ Psychologie zur Positiven Psychologie gefällt mir nachfolgende Abbildung besonders gut (gefunden im Buch „Positive Leadership“ von Dr. Markus Ebner, 2019, S. 46):

Abbildung 1: Logik der Positiven Psychologie[2]


Auf einer Skala von -10 bis +10 beschäftigt sich die klinische Psychologie damit, Menschen im Minusbereich auf eine neutrale Situation, in diesem Fall Null, zu bringen. Sie bedient sich dazu unterschiedlichen Methoden zur Diagnose sowie Interventionen und Behandlungsmethoden zur Heilung. Die Abwesenheit von psychischen Krankheiten führt aber nicht zwangsläufig zu Lebensfreude und Glück. Daher ergänzt die Forschung im Bereich der Positiven Psychologie die Skala auf der positiven Seite um Diagnosen, Interventionen und Methoden im Bereich Lebenszufriedenheit. Fragestellungen sind hier z.B. was Menschen langfristig psychisch gesund hält, was resiliente Menschen ausmacht oder wie glückliche Menschen Ereignisse aus ihrer Vergangenheit reflektieren.[3]


Martin E. Seligman beschäftigte sich besonders mit dem Thema „Flourishing“ und mit der Fragestellung, was Menschen aufblühen lässt. Er entwickelte dabei das „PERMA-Modell“.


Hinter dem Akronym PERMA stehen folgende Begriffe:

P = Positive Emotions (positive Emotionen)

E = Engagement (Engagement, sich einbringen können)

R = Relationship (förderliche Beziehungen)

M = Meaning (erlebte Sinnhaftigkeit)

A = Accomplishment (Zielerreichung)


Martin E. Seligman führte mit diesem Modell messbare Faktoren ein, die als Basis des „Aufblühens“ dienen und somit zu Glück und Wohlbefinden von Menschen beitragen.[4]


Positive Emotionen

Bei diesem Faktor geht es um Emotionen, die einen Menschen stärken und die von Menschen als angenehm empfunden werden. Eine der führenden Forscherinnen zum Thema positive Emotionen ist Barbara Frederickson. Sie unterscheidet folgende positive Emotionen: Freude, Dankbarkeit, Heiterkeit bzw. Zufriedenheit, Interesse, Hoffnung, Stolz, Vergnügen, Inspiration, Ehrfurcht und Liebe. Barbara Frederickson erkannte in ihrer „Broaden and Build“ Theorie, dass positive Emotionen zu einer erweiterten Wahrnehmung und Denkweise führen und somit auch zu mehr Kreativität.[5]


Fragen Sie sich hier bspw:

  • In welchen Lebensbereichen empfinden Sie besonders viele positive Emotionen?

  • Welche positiven Emotionen sind das ganz genau?

  • Was können Sie tun, damit Sie in einem anderen Lebensbereich mehr positive Emotionen erleben können?


Engagement

Hier geht es um die Möglichkeit, sich im Leben einzubringen und die eigenen Potentiale und Stärken zu leben und zu entfalten. Es braucht das richtige Maß an Herausforderung, ohne Über- oder Unterforderung, damit ein Mensch ein sogenanntes „Flow-Erlebnis“ erleben kann. Den Begriff „Flow“ prägte der ungarische Psychologe Mihályi Csíkszentmihályi. Er beschreibt dabei den Zustand der völligen Vertiefung eines Menschen in seine Handlung. Die Person geht in der Handlung auf und empfindet sich dabei als selbstwirksam und handlungsfähig. Der innere kritische Dialog verstummt und der Fokus liegt komplett auf der Tätigkeit. In diesem Zustand empfinden sich Personen als motiviert, glücklich und selbstwirksam.[6]


Mögliche Fragen hier sind:

  • Welche Stärken haben Sie? Wo können Sie diese einbringen?

  • Wann und wo hatten Sie ein Flow-Erlebnis?


Förderliche Beziehungen

Menschen möchten in soziale Netzwerke eingebunden sein und sich als Teil davon erleben. Förderliche Beziehungen, egal ob im privaten Bereich (Familie, Freunde, Partnerschaft, Verein etc.) oder im beruflichen Kontext (Unternehmen, Abteilung, Team) vermitteln Zugehörigkeit und tragen so zu unserem Wohlbefinden bei. Unterschiedliche Studien bestätigen, dass die Abwesenheit von sozialen Beziehungen Menschen unglücklich macht und bspw. zu Depressionen führen kann.


Fragen Sie sich hier:

  • Für welche Beziehungen sind sie besonders dankbar?

  • Was ist Ihnen bei einer förderlichen Beziehung besonders wichtig?

  • Was bringen Sie in Ihre Beziehungen ein?


Sinnhaftigkeit

Menschen haben das Bedürfnis, an etwas Bedeutungsvollem mitzuwirken, das größer ist als sie selbst. Sinn und Bestimmung wird dabei von den eigenen Überzeugungen, Werten und Zielen abgeleitet. 2015 so wie auch 2022 in Zeiten des Krieges erleben vielen Menschen Sinnhaftigkeit, wenn sie Menschen auf der Flucht helfen und diese unterstützen können. Martin E. Seligman beschreibt es als „Etwas zu tun, das größer ist als man selbst, in der Welt einen Beitrag leisten.“ Robert Emmons verglich unterschiedliche Studien und identifizierte im Wesentliche vier Bereiche, die zum persönlichen Sinnerleben beitragen: Leistung & Arbeit (Einsatz für eigene Arbeit und Herausforderungen), Beziehung & Nähe (Erlebnis guter Beziehungen), Religion & Spiritualität (Glaube an etwas Höheres), Selbsttranszendenz & Generativität (Beitrag zur Gesellschaft leisten und etwas hinterlassen).[7]


Fragen zum Thema Sinnhaftigkeit sind:

  • Welche Werte sind Ihnen im Leben besonders wichtig?

  • In welchem der vier Bereiche von Robert Emmons erleben Sie Sinnhaftigkeit?


Zielerreichung

Ziele zu haben und zu erreichen ist notwendig, damit Menschen ihre Selbstwirksamkeit erleben können. Die Erfahrung der Zielerreichung zeigt uns, dass wir einen Einfluss haben und einen Beitrag leisten können. Es ist daher notwendig, dass Menschen sich kleine und große Ziele setzen. Carol S. Dweck unterscheidet zwei Arten von Zielen: performance goals (Leistungsziele) und mastery goals (Lernziele). Bei Leistungszielen geht es um den Vergleich mit anderen (andere Personen oder Benchmarks zu anderen Bereichen). Bei Lernzielen vergleicht man sich mit der eigenen Person.[8] Dieser Ansatz wurde weiterentwickelt mit dem Konzept, dass es „hin zu“ sowie „weg von“ Ziele gibt. Daraus entstand nachfolgende 4-Felder-Matrix[9]:


Fragen Sie sich hier:

  • Welche Ziele haben Sie sich für heuer vorgenommen?

  • In welche Kategorie in der „4-Felder-Matrix“ fallen Ihre Ziele?

  • Wie feiern Sie Ihre erfolgreiche Zielerreichung?



Anbei finden Sie noch zwei persönliche Buchtipps zum Thema Positive Psychologie:

  • Positive Psychologie – ein Handbuch für die Praxis von Daniela Blickhan

  • Positive Leadership – Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüssel zur High Performance – Dr. Markus Ebner





[1] Peterson C (2008). https://www.psychologytoday.com/us/blog/the-good-life/200805/what-is-positive-psychology-and-what-is-it-not, abgerufen am 13.03.2022. [2] Ebner M. (2019). Positive Leadership. Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüssel zur High Performance. Wien: Facultas Verlags- und Buchhandels AG, S. 46. [3] Ebner M. (2019). Positive Leadership. Erfolgreich führen mit PERMA-Lead: die fünf Schlüssel zur High Performance. Wien: Facultas Verlags- und Buchhandels AG, S. 46f. [4] Seligman, M. E. P. (2011). Flourish: A New Understanding of Happiness and Well-Being – and How to Achieve Them. London: Nicholas Brealey Publishing. [5] Fredrickson, B. L. (2013). Positive emotions broaden and build. Advances in experimental social psychology. [6] Blickhan D. (2018). Positive Psychologie. Ein Handbuch für die Praxis. Paderborn: Junfermann Verlag. 2. überarbeitete Auflage, S. 171f. [7] Emmons, R. A. (2003). Personal goals, life meaning, and virtue: Wellsprings of a positive life. Flourishing: Positive psychology and the life well-lived, 105-128. [8] Dweck, C.S. & Legett, E. L. (1988). A social-cognitive approach to motivation and personality. Psychological review, 95(2), 256-273. [9] Elliot, A. J. (1999). Approach and avoidance motivation and achievement goals. Educational psychologist, 34(3), 169-189.

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